2010-05-23

Bundespräsident nennt Militäreinsätze aus wirtschaftlichen Interessen notwendig

Zur Dokumentation:

DeutschlandRadio Kultur hat gestern Bundespräsident Köhler interviewt, der auf dem Rückflug aus Afghanistan seine Unterstützung für die Soldaten betont. Soweit nichts neues. Ab Minute 3 sagt Köhler aber folgendes (mein Transkript, meine Hervorhebung):

Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Aussenhandelsorientierung und damit auch Aussenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, z.B. freie Handelswege, z.B. ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen - negativ - durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden. — Köhler: Mehr Respekt für deutsche Soldaten in Afghanistan

Pikanterweise ist diese Passage nur im MP3/Audio on Demand enthalten und nicht im Artikel auf der WebSite selbst.

Ich glaube, ich habe was verpasst! Was ist aus "Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen" geworden? – "Außer es ist ein Verteidigungsfall" – "Oder jemand ruft mit zweifelhaften Argumenten den Bündnisfall aus". Und jetzt? "Militärische Einsätze zur Wahrung unserer Interessen".

Interessant, dass DeutschlandRadio und Deutschlandfunk das nicht groß rausbringen. Hat Köhler das zurückgezogen?

… die Suchfunktion von DeutschlandRadio Kultur hat die Formulierung noch im Index.

Update: Nicht mal die Süddeutsche findet das weiter bemerkenswert: "Warum höre ich das nicht von Ihnen?" – schläft Herr Prantl?

Update 2010-05-26: DeutschlandRadio Kultur schreibt, dass versehentlich den beiden Schnittfassungen des Interviews der gleiche Text zugeordnet war (der von DLF, ohne die obige Passage). Das wurde behoben, der Text gibt nun auch die Passage wieder. DLR Kultur: Köhler: Mehr Respekt für deutsche Soldaten in Afghanistan. So weit, so gut. Frage mich weiterhin, wo die öffentliche Debatte zu diesem präsidialen Standpunkt bleibt.

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